August 2016

Die Kimmelmannschule Karlsruhe bietet im Rahmen der Nachmittagsbetreuung ein Trainingsprogramm für Mädchen in den Klassenstufen 5 und 6 an. In wöchentlichen Trainingseinheiten von jeweils 2 Schulstunden erlernen die Mädchen, in geschütztem Rahmen, sich selbst bewusst wahrzunehmen, um dann nach außen stark für sich einstehen zu können.
In Nae e.V. war von Beginn an für die Umsetzung des Projektes an der Förderschule verantwortlich. Basierend auf dem Selbstverteidigung/Selbstbehauptungs-Konzept „Jede kann sich wehren“ (von Sunny Graff), hat es sich im Laufe der Jahre weiter entwickelt und komplett den Bedürfnissen der Schülerinnen angepasst.  

  In Nae


Erste Kontakte mit der Thematik haben die Kinder in der Klassenstufe 4. Hier gibt es über das Schuljahr verteilt 8 Termine zu den Themen Gruppenstärkung und Sozialkompetenztraining, welches Monika Klein mit ihrem Kollegen Carsten Müller in einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe durchführt. Von dort ist Frau Klein den Mädchen bereits bekannt.
In der Klassenstufe 5 angekommen, sind die Mädchen schon sehr gespannt  auf ihre erste Trainingsstunde. Würden sie gleich richtig kämpfen? Die Klassenstufe 6, die schon im Jahr davor teilgenommen hat, freut sich auf das Wiedersehen. Aber wie wird es mit den „Neuen“ in der Gruppe? Die Aufregung ist bei lustigen Kennenlern-Spielen jedoch schnell verflogen. In den Wochen bis zu den Herbstferien werden die Mädchen mit verschiedenen Spielen und Übungen sacht an die Thematik „Grenzen wahrnehmen und setzen“ herangeführt. Neben dem Spaß dienen diese der Ich-/Du-Wahrnehmung und fördern die Gruppenbildung und den Respekt untereinander.
Monika Klein, ausgebildete Selbstverteidigungs-/Selbstbehauptungstrainerin bei In Nae e.V., nutzt die „Phase der pädagogischen Spiele“ zu Beginn des Kurses, um die Kinder kennenzulernen und für die zukünftige Arbeit einschätzen zu können. Sie ist der Überzeugung, dass jedes Kind mit einer großen Lust für Lernen und Wissenserweiterung diese Welt betritt und auch schon ein riesiges Wissenspaket mit sich bringt. Die Umgebung ist es, die verschiedene Einflüsse ausübt, und dann die Richtung prägt, in die sich jedes Kind entwickelt. In seinen individuellen Bereichen schlummern in jedem Menschen großartige Veranlagungen. Die müssen entdeckt und gestärkt werden, damit großes Können möglich wird. Überzeugt, dass jedes Mädchen jederzeit einen neuen Weg einschlagen kann, möchte sie ihren Kursteilnehmerinnen das Handwerkszeug dazu bereitstellen.
In der kurzen Zeit vor den Winterferien bestimmen Übungen zur Selbstwahrnehmung den Unterricht. Die Mädchen finden die ruhigen Atemübungen „ganz schön schwer“, bei lauten Schreiübungen toben sie sich dafür richtig aus. Kombiniert mit ersten Informationen zum Thema Gewalt und den eigenen Grenzen, erfährt die Gruppe viel über sich selbst und das eigene Verhalten in verschiedenen Situationen.
Die In Nae-Trainerin ist 2013 in das Projekt an der Kimmelmannschule eingestiegen. Mit viel Geduld und dennoch einer klaren Grenzsetzung, vermittelt sie, ganz individuell eingehend auf die jeweilige Gruppe, die Inhalte des Unterrichts. Das Tempo bestimmt dabei die Gruppe. Ihr Konzept ist sorgfältig ausgearbeitet, doch prüft sie durch Gespräche zu Beginn jeder Stunde, welches Thema für die Mädchen gerade aktuell ist und wie es in den geplanten Unterricht eingebettet werden kann. Die Erfahrung hat ihr gezeigt, dass sie ganz nah am Alltag der Mädchen bleiben muss, damit diese verwertbare Informationen mit nach Hause nehmen können.
Zu Beginn des zweiten Halbjahres sind die Mädchen von ihren eigenen darstellenden  Fähigkeiten und ihrer Wirkung auf andere überrascht. Das Deuten, Erkennen und Einsetzen von Körpersprache ist bis Ostern Themenschwerpunkt und wird anhand von Elementen aus dem Selbstverteidigung/Selbstbehauptungs-Konzept „Jede kann sich wehren“ (von Sunny Graff) und Rollenspielen bzw. Elemente aus der Theaterpädagogik geübt. Besonders viel Spaß macht es den Kindern, sich in verschiedenen Rollen zu erleben und zu berichten, wie sie sich darin fühlten.
Frau Klein nutzt für ihren Unterricht Inhalte aus ihrer Ausbildung zur Selbstverteidigung/Selbstbehauptungs-Trainerin und dem reichhaltigen Erfahrungsschatz, den sie aus ihrer 15jährigen Arbeit als Trainerin bei In Nae e.V. in den unterschiedlichsten Gruppen gesammelt hat. Sie führt über jede Unterrichtseinheit ein Protokoll, um zu beobachten, was vom ursprünglichen Plan umgesetzt wird. So kann sie im Laufe des Jahres noch einmal auf die Themen zurückgreifen, die zum geplanten Zeitpunkt nicht passten oder noch nicht vermittelbar waren.
Bis zu den Pfingstferien setzen sich die Schülerinnen mit Beispielen der Grenzverletzung aus ihrem eigenen Alltag im öffentlichen und privaten Raum auseinander. Sie erfahren grundlegendes zu ihren Rechten und Möglichkeiten Grenzen zu setzen. So werden Täterbilder in den Medien etc. im Vergleich zum eigenen Alltag überprüft. Auch hier steht die Handlungsfähigkeit der Mädchen im Vordergrund, so dass sie gemeinsam Lösungsmöglichkeiten besprechen und üben können.
Die zweifache Mutter sieht die Herausforderungen in Beruf, Familie und Gesellschaft als Prozess ihrer eigenen Weiterentwicklung. Durch ihre Beobachtungsgabe und die Fähigkeit Erfahrungen positiv zu besetzen, geht sie auch schwierige Aufgaben mit Freude an und ist überzeugt, dass mit Verantwortungsübernahme und Gelassenheit viel zu erreichen ist. Sie legt großen Wert darauf, den Mädchen ihre eigene Würde bewusst zu machen, damit sie für sich selbst einstehen und für sich kämpfen können.
In den letzten Wochen vor den Sommerferien wird das Thema Grenzverletzungen eingehender aufgegriffen und durch Üben von Befreiungstechniken ergänzt. Inzwischen kennt die Trainerin die Jugendlichen und deren körperlichen Voraussetzungen genau und entscheidet mit viel Feingefühl, ob und welche Kontertechniken sie vermittelt und welche Themen sie noch einmal aufgreift.
Die Mädchen der Klassenstufen 5 und 6 der Kimmelmannschule freuen sich auf ihre Sommerferien. Ihr Handwerkszeug für Selbstbewusstsein und Sozialkompetenz nehmen sie mit.

mk/sys